Über den Mangel an Arbeitskräften, fehlende Anreize um mehr und länger zu arbeiten, die Bedeutung einer geeigneten Kinderbetreuung für erwerbstätige Eltern und welche Auswirkungen die Einführung einer 32- Stunden-Woche auf die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Salzburg haben würde, sprach ECHO mit dem Präsidenten der Wirtschaftskammer Salzburg, Peter Buchmüller.
ECHO: Vertreter der Arbeitnehmerseite plädieren bereits längerem für die Einführung der 32-Stunden-Woche. Welche Folgen sehen Sie für die Betriebe und die Wirtschaft in unserem Land?
Peter Buchmüller: „In Österreich wird seit 2019 durchschnittlich um 1,1 Stunden pro Woche weniger gearbeitet als davor. Bei vier Millionen Arbeitnehmern entspricht das 4,4 Millionen Stunden oder 110.000 Äquivalenten, die uns abgehen. Seit 2004 arbeiten wir vier Stunden weniger. Damit hat die Arbeitszeitverkürzung bereits durch die hohe Zahl der Teilzeitkräfte stattgefunden. Unser Sozialsystem ist aufgebaut auf Vollzeit- und nicht auf Teilzeitarbeit. Eine 32-Stunden-Woche hätte ganz klar negative Auswirkungen auf unsere Wettbewerbsfähigkeit als Exportland. Zudem ist Österreich ein Land der Frühpensionisten, denn nur noch ein Drittel der 60 bis 64jährigen sind hierzulande noch erwerbstätig. In Deutschland sind es fast doppelt so viele. Um die Ressourcen älterer Menschen, die noch weiterarbeiten wollen, nutzen zu können, dürfen diese nicht bestraft werden, sondern es braucht echte Anreize.“
ECHO: Viele Unternehmen klagen über einen massiven Mangel an Fachkräften, was vielerorts bereits zu Einschränkungen geführt hat. Welche Lösungsansätze sehen Sie als Vertreter der Wirtschaft?
Buchmüller: „Es muss sich grundlegend die Einstellung zur Arbeit ändern. Die Menschen in unserem Land sollen bis zum Pensionsalter arbeiten. Das bestehende System der Arbeitslosenunterstützung muss geändert werden und die Freigrenze für Überstunden gehört auf mindestens 1.000 Euro angehoben. Wir brauchen auch Zuzug aus dem Ausland von qualifizierten Arbeitskräften. In Deutschland ist die Eingliederung von Zuwanderern in den Arbeitsprozess erheblich leichter als bei uns. Es muss uns auch gelingen, die in früheren Jahren zugewanderten Menschen zum Arbeiten zu bringen, sonst belasten diese Migranten bis zur Pension unser Sozialsystem. Österreich ist eines der wenigen Länder, das bis zur Pension Notstandshilfe gewährt.“
ECHO: In vielen Familien wollen beide Elternteile arbeiten. Welche Maßnahmen sehen Sie, um den Arbeitseinstieg nach der Geburt eines Kindes zu ermöglichen?
Buchmüller: „Derzeit scheitert es in vielen Fällen am Rechtsanspruch und an einem geeigneten Angebot an einer Kinderbetreuung. Hier sind wir mit der Arbeiterkammer konform, dass wir eine ganztägige und vor allem leistbare Betreuung brauchen. Junge Frauen müssen dieselben Chancen wie Männer haben.
ECHO: 2008 ist die Erbschafts- und Schenkungssteuer in Österreich abgeschafft worden. Welche Auswirkungen hätte eine Wiedereinführung auf die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes?
Buchmüller: „Das wäre eine Doppelbesteuerung von Vermögen und bedeutet einen klaren Wettbewerbsnachteil heimischer Betriebe gegenüber dem Ausland. Auch wären viele Investitionen nicht mehr möglich und zweifellos würden zahlreiche Unternehmen abwandern. Das erarbeitete Geld ist bereits genug besteuert!“
ECHO: Vielen Dank für das Gespräch.
Interview: Alexander Tempelmayr