Im Stich gelassen. Die Gemeinde Berg­heim fühlt sich vom Innenministerium nicht ernst genommen. Bürgermeister Robert Bukovc kritisiert im ECHO-Interview abermals die Überbelegung des Asylheims und sieht die Interessen der Bürgerinnen und Bürger übergangen.

Im Sommer verging kein Tag, an dem Bürgermeister Robert Bukovc keinen Beschwerdeanruf über die Bewohner des Quartiers bekam. 380 anstatt der mit dem Innenministerium vereinbarten 250 Flüchtlinge lebten im Sommer dort. Aktuell sind es etwa 320, wobei die Zahlen stets stark schwanken kann, wie Robert Bukovc gegenüber ECHO erklärt. Fest steht für ihn jedenfalls: „Es gibt immer eine große Überbelegung und das Innenministerium hält sich nicht an die Abmachung.“

EINE GEWISSE VORSICHT

Die Wogen in Bergheim und auf Social Media gehen hoch. Die Asylwerber seien laut und würden ihren Müll an der Fischach liegen lassen, so die Vorwürfe. Gegenüber dem ORF meinte Anrainer Peter Schwab: „Meine Tochter wohnt bei der Bushaltestelle. Dort hat sie kürzlich einmal 30 Bewohner gezählt, um 21.30 Uhr. Das ist natürlich beängstigend. Ich will nicht sagen, dass man Angst hat. Aber es ist ein ungutes Gefühl. Wir sind ein kleiner Ortsteil, wir haben in der Straße vielleicht 200 Bewohner. Die müssen hier durchgehen. Da hat man dann eine gewisse Angst oder Vorsicht.“

Die Anrainerin Susanne Grössinger betonte dem ORF gegenüber, man habe sehr wohl Verständnis dafür, dass die Bewohner auch unterwegs sein wollen: „Ich finde es eine Frechheit von der Politik, dass es für dieses Haus mit so vielen jungen und kräftigen Männern nicht einmal einen Fußballplatz gibt. Die wollen ja etwas tun. Aber was sollen sie denn tun?“

Wenn es Haslauer wirklich ein Anliegen wäre, im Problemheim durchzugreifen, dann genügt ein Anruf bei seinem ÖVP-Parteikollegen, Innenminister Gerhard Karner, und schon am nächsten Tag könnte das Problem gelöst sein.“ Marlene Svazek, Parteiobfrau FPÖ Salzburg

SVAZEK SIEHT HASLAUER IN DER PFLICHT

Ende Oktober gab es im Asylheim 13 Diphterie-Fälle, wie die Bezirkshauptmannschaft bekanntgab. Das Gesundheitsamt verhängte eine Verkehrsbeschränkung für alle 320 Bewohnerinnen und Bewohner. Sie durften das Quartier nicht mehr verlassen.  

Diphterie ist eine meldepflichtige und über Schmierinfektion ansteckende Krankheit, welche die Gefahr schwerwiegender Komplikationen birgt. Die Bewohner wurden geimpft und die Situation sehr genau beobachtet. 

Bergheims Bürgermeister jedenfalls wünscht sich vom Innenministerium endlich Handlungen, damit die Zusage der 250 Plätze eingehalten wird und es nicht ständig zu einer massiven Überbelegung kommt.  

Marlene Svazek, Landesparteiobfrau der FPÖ Salzburg, greift in diesem Zusammenhang Landeshauptmann Wilfried Haslauer scharf an und wirft ihm vor, er könne mehr unternehmen, um die Situation zu verbessern. Auch wenn das Innenministerium zuständig sei. 

„Wilfried Haslauer ist nicht irgendwer, sondern eben der Landeshauptmann von Salzburg und hochrangiges Mitglied der ÖVP. Wenn es Haslauer wirklich ein Anliegen wäre, im Problemheim durchzugreifen, dann genügt ein Anruf bei seinem ÖVP-Parteikollegen, Innenminister Gerhard Karner, und schon am nächsten Tag könnte das Problem gelöst sein. Aber es ist hier nicht eine Frage des Könnens, sondern des Wollens“, sagt Svazek in einem Interview.  

ÖVP WILL DAS PROBLEM NICHT LÖSEN

Auch David Egger, Landesparteivorsitzender der SPÖ, versteht die Verunsicherung in der Bevölkerung und den Missmut der Bürgermeister. „Sie bekommen vom Bund etwas aufs Auge gedrückt und haben wenig Handhabe. Sie müssen dann mit allen Problemen kämpfen, die eine Überbelegung bringt“, so Egger im Gespräch mit ECHO. 

Die Unterbringung der Asylsuchenden komme ihm vor wie eine heiße Kartoffel, die man ständig hin- und herschiebe. Er habe das Gefühl, die Eskalation, was die Asylsuchenden angehe, sei vom Innenministerium ganz bewusst angestrebt worden. Die unrühmlichen Berichte über die Unterbringung in Zelten hat jeder vor Augen. „Mir kommt vor, man will das Asylproblem seitens der ÖVP gar nicht lösen und es ständig am Köcheln halten. Das Innenministerium weiß ja, wo die Fluchtbewegungen stattfinden. Man könnte sich viel früher darauf vorbereiten und man könnte mit Innenministern anderer EU-Länder beraten, wie man mit der Flüchtlingswelle umgeht“, sagt Egger. 

„Mir kommt vor, man will das Asylproblem seitens der ÖVP gar nicht lösen und es ständig am Köcheln halten.“ David Egger, Landesparteivorsitzender SPÖ Salzburg

INTEGRATION VOR ZUZUG

Die SPÖ jedenfalls habe sich laut David Egger immer für den Schutz und Verfahrenszentren an den Außengrenzen der EU ausgesprochen. Er unterstützt das Positionspapier seiner Parteikollegen Hans Peter Doskozil (Landeshauptmann Burgenland) und Peter Kaiser (Landeshauptmann Kärnten), in dem der Grundsatz lautet: „Integration vor Zuzug und ein klares Bekenntnis zu den Menschenrechten.“

„Die ÖVP ist in der Verantwortung für die Erstaufnahme der Flüchtlinge. Wenn man es nicht schafft, mit den Bundesländern oder auch mit den Ländern der EU eine Regelung zu finden, dann ist der Innenminister dafür zuständig“, so Egger. „Ich wünsche mir einen restriktiven Asylkurs. Dieser muss hart, aber fair sein. Ich bin der gleichen Meinung wie Hans Peter Doskozil und auch Peter Kaiser und bin froh, dass dieses Thema von der SPÖ offensiv angesprochen wird.“

Christian Granbacher