Auch wenn es aktuell viele negative Schlagzeilen gibt, an Salzburgs Schulen freut man sich über die zurückgewonnene Normalität, wie Bildungslandesrätin Daniela Gutschi und Bildungsdirektor Rudolf Mair berichten.

Corona hatte unter anderem einen starken Einfluss auf die österreichische Bildungslandschaft. Die Krise hat viele Ressourcen an sich gebunden und es zeigen sich Auswirkungen, die bis in die Gegenwart durchschlagen, wie etwa Salzburgs Bildungslandesrätin Daniela Gutschi im Interview mit ECHO (siehe Seite 47) festhält: „Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass Corona bei den Kindern einige Nachwirkungen hinterlassen hat. Neben all der sozialen Belastung, die es gab, merken wir, dass bei einigen auch Lerndefizite vorhanden sind.“

Ein wesentlicher Eckpfeiler der Bewältigung dieser Nachwirkungen besteht in einem immensen Ausbau der psychosozialen Unterstützung für Schülerinnen und Schüler. „Es gibt Kinder in der dritten Klasse Volksschule, die das System Schule nie richtig erfahren haben und jetzt gewisse Ängste haben. Das muss alles bearbeitet werden, weshalb wir die finanziellen Mittel sehr stark aufstocken konnten“, so Gutschi. Sie berichtet davon, dass im Jahr 2015 noch 85.000 Euro für Schulsozialarbeit zur Verfügung standen. Nun sind es 2,1 Millionen Euro, die jährlich für Schulsozialarbeit zur Verfügung stehen. „40 Schulsozialarbeiter:innen mit 700 Wochenstunden sind Ansprechpartner an unseren Pflichtschulen“, so Gutschi. 

ZEHN MINT-MITTELSCHULEN

Nach Corona bleibt im Bildungssektor nun wieder Zeit, sich den eigentlichen Schulbelangen zu widmen, und es muss weniger Krisenmanagement betrieben werden. „Die Lehrpläne werden gerade überarbeitet und es ist besonders erfreulich, dass wir jenes Bundesland sind, das über die meisten MINT-Mittelschulen verfügt“, freut sich Daniela Gutschi. Über 70 Schulstandorte sind mit dem MINT-Gütesiegel ausgestattet. Und ab Herbst werden im Zuge eines Pilotprojekts zu den jetzigen sechs MINT-Mittelschulen (Eugendorf, Köstendorf, Bürmoos, Bergheim, Golling und Mittersill) noch einmal vier hinzukommen (Uttendorf, Schwarzach, Thalgau und Strobl).

MEHR CHANCENGLEICHHEIT

Peter Unterkofler, Präsident der Industriellenvereinigung Salzburg, zeigt sich erfreut über diese Entwicklung. „Indem es nun schon 70-MINT-Vorreiter im Bundesland Salzburg gibt, tragen fast 20 Prozent der Salzburger Schulen bereits das MINT-Gütesiegel und wir haben damit einen bundesweiten Anteil von fast 14 Prozent bei lediglich rund sieben Prozent der Bevölkerung.“

Gepaart mit anderen Maßnahmen im Land Salzburg, wie zum Beispiel dem Talente- und Karrierecheck, der Schulsozialarbeit, dem digitalen Schulbuch oder den kostenlosen Laptops, sei man laut Unterkofler damit dem Ziel, das Bildungssystem durchlässiger zu machen und mehr Chancengleichheit zu erreichen, ein Stück nähergerückt.

„Gute Bildungspolitik ist gleichzeitig die wirksamste und nachhaltigste Wirtschafts- und Sozialpolitik“, ist der Präsident der Salzburger Industriellenvereinigung überzeugt. Nichts schütze besser vor Arbeitslosigkeit und nichts fördere die Attraktivität eines Wirtschaftsstandorts mehr als ein breites, lebenslanges und durchgängiges Bildungsangebot und gut ausgebildete Fachkräfte im Land.

Dennoch sieht man vonseiten der Industriellenvereinigung nach wie vor große Herausforderungen. Etwa bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. „Wir müssen dringend mehr Frauen von Teilzeit- in Vollzeitbeschäftigung bringen. Die Teilzeitquote lag im Jahr 2021 insgesamt bei 30 Prozent. Jene der Männer bei zwölf Prozent und jene der Frauen bei 50 Prozent. Die Gründe für die hohe Teilzeitquote sind oftmals auch fehlende Kinderbetreuungsplätze und kurze Öffnungszeiten“, erklärt Peter Unterkofler. Die Industriellenvereinigung Salzburg begrüßt daher ausdrücklich die Entscheidung des Landes, 13 Millionen Euro in kostenfreie Kinderbetreuungsplätze zu investieren.

BILDUNG VON KLEIN BIS GROSS

In diesem Bereich stark aufgestellt ist beispielsweise die Marktgemeinde Straßwalchen im nördlichen Flachgau. „Die Bildung beginnt für uns bei der Kleinkinderbetreuung und geht über die Kindergarteneinrichtungen, Volksschulen und Mittelschulen bis hin zur Erwachsenenbildung“, sagt Tanja Kreer, seit 2019 Bürgermeisterin von Straßwalchen, im Gespräch mit ECHO. Da man eine der stärksten Zuzugsgemeinden im gesamten Bundesland Salzburg sei, seien immer wieder Erweiterungen und Aufstockungen notwendig.

Die Mittelschule in Straßwalchen wurde im Jahr 2002 neu gebaut, der neue Kindergarten samt Krabbelstube eröffnete im Jahr 2020 und die Volksschule im Ortskern wird aktuell saniert und von 13 auf 18 Klassen erweitert. „Im Jahr 2019 hatten wir noch 7.400 Einwohner:innen. Nun sind es bereits mehr als 8.000. Wir wachsen rasch an und derzeit werden über 300 neue Wohneinheiten errichtet“, so Tanja Kreer.

NOTWENDIGE INVESTITIONEN

Die Bürgermeisterin von Straßwalchen jedenfalls will an der hohen Qualität der Ausbildung, die an den Schulen in der Marktgemeinde ermöglicht wird, festhalten. „Die Bildung unserer Kinder ist uns sehr wichtig, weshalb wir in diesen Bereich auch viel Geld investieren.“

Mit Irrsdorf und Hochfeld zählen noch zwei weitere Volksschulen zur Marktgemeinde Straßwalchen. Das Bundesoberstufengymnasium (BORG) ist eine Klimabündnis-Schule, in welcher die Themenfelder rund um Klimawandel und Nachhaltigkeit längst angekommen sind. Die Schule ist bemüht, diese Interessen aufzugreifen, und hat sich entschlossen, dem Klimabündnis-Netzwerk beizutreten.

Und auch die Erwachsenenbildung in Straßwalchen ist breit aufgestellt. BFI-Kurse in der Mittelschule umfassen beispielsweise die Bereiche Fremdsprachen, EDV und Buchhaltung. Das Salzburger Bildungswerk hält Vorträge für Eltern und Kinder und mit der mobilen Beratung „Frau & Arbeit“ hat man einmal monatlich die Gelegenheit, kostenlos, unbürokratisch und praxisorientiert Informationen zu erhalten. „Behandelt werden wichtige Themen wie der berufliche Wiedereinstieg für Frauen, wie man gute Bewerbungen aufsetzt oder aber wie man mit seinen Kindern über das Thema Geld spricht, um ihnen beizubringen, wie wichtig der Umgang mit finanziellen Mitteln ist“, sagt Tanja Kreer.

LEHRER UNTERSTÜTZEN

Die Volksschule in Straßwalchen wurde übrigens mit dem MINT-Gütesiegel ausgezeichnet. Der Gemeinde ist es wichtig, dafür auch das nötige Equipment zur Verfügung zu stellen. Generell ist man bemüht, alle Lehrer zu unterstützen, wenn Anschaffungen im Sinne des Lernfortschritts notwendig werden. „Wenn Lehrer gerne in unseren Schulen arbeiten, ist dies auch eine Möglichkeit, dem Lehrermangel entgegenzuwirken“, stellt Straßwalchens Bürgermeistern fest. 

Der Lehrermangel beschäftigt momentan ganz Österreich. Im Bundesland Salzburg gibt es derzeit 1.200 offene Stunden. Das sind 77 offene Stellen an Lehrpersonen. „Wir sind sehr bemüht, Lösungen zu finden. Wir motivieren Studierende, Quereinsteiger und pensionierte Lehrpersonen, in diesen Beruf einzusteigen“, sagt Salzburgs Bildungsdirektor Rudolf Mair. Bildungslandesrätin Gutschi arbeitet gerade an einer Lösung, die vorsieht, Studierenden die Studiengebühren zu ersetzen, sollte sich ihr Lehramtsstudium dadurch verzögern, weil sie bereits ab dem fünften Semester in Teilzeit als Lehrer an einer Schule arbeiten.

VERANTWORTUNG BEI DIGITALISIERUNG

„Corona war noch einmal ein Turbolader hinein in die Digitalisierung, auch an den Schulen“, so Bildungsdirektor Mair. In der Softwareentwicklung habe sich viel getan und auch das elektronische Schulbuch bahne sich seinen Weg. „Dank unserer Informationstechnologieabteilung machen wir hier in Salzburg viele Fortschritte. Die Digitalisierung wird das Schulwesen nachhaltig bereichern“, so Mair, der aber auch auf das neue Schlagwort des digitalen Humanismus hinweist. „Wir müssen mit dem Thema verantwortungsbewusst umgehen und im Freudentaumel über den Digitalisierungsschub aufpassen, nicht in Fallen zu tappen. Das revolutionäre an der Digitalisierung ist, dass menschliche Tätigkeiten automatisiert werden können. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass es nicht die menschlichen Entscheidungen sind, die automatisiert werden.“

Salzburgs Bildungsdirektor jedenfalls freut sich auch darüber, dass man sich nun nicht mehr auf Corona zu konzentrieren habe, sondern sich den Hauptaufgaben der Schule widmen könne. „Es geht darum, die neuen Lehrpläne zu implementieren, das Bildungsniveau sowie die Chancengerechtigkeit weiter zu erhöhen und die bedarfsgerechte Bildungsplanung weiter voranzutreiben“, so Rudolf Mair.

Christian Granbacher

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„Es werden vermehrt moderne Lehrmethoden eingesetzt“

Salzburgs Bildungslandesrätin Daniela Gutschi über Nachwirkungen, welche die Pandemie bei den Schüler:innen hinterlassen hat. Wie die Bildungsdirektion unterstützend eingreift und wie es gelingt, die jungen Menschen zukunftsfit zu machen.

ECHO: Dankenswerterweise ist Corona in den Schulen mittlerweile nur mehr ein Randthema. Wie positiv ist das zu bewerten?

Daniele Gutschi: Wir sind sehr erleichtert und glücklich darüber. Ich habe in den letzten Jahren immer dafür gekämpft, dass die Schulen offenbleiben, es für die Schüler:innen möglichst wenig Einschränkungen gibt und man nicht ins Distance Learning geht. Diese Problemstellungen haben wir aktuell Gott sei Dank hinter uns gelassen. Uns war damals auch wichtig, viel Unterstützung zu geben, weshalb wir 1.100 Tablets zur Verfügung gestellt haben. Es ist allerdings nicht von der Hand zu weisen, dass Corona bei den Kindern einige Nachwirkungen hinterlassen hat. Neben all der sozialen Belastung, die es gab, merken wir, dass bei einigen auch Lerndefizite vorhanden sind. Deshalb haben wir vom Bund seit dem Sommersemester 2021 bis Ende dieses Schuljahres gut 30 Millionen Euro für Förderstunden zur Verfügung gestellt bekommen. Seit Jahresbeginn 2023 steht auch eine Wochenstunde pro Klasse zur Verfügung, um die Schüler:innen bei Lernrückständen, die aufgrund von Corona entstanden sind, zu unterstützen. 

ECHO: Corona hat aber auch den Digitalisierungsschub an den Schulen forciert.

Gutschi: Seit dem Beginn von Corona haben wir gemeinsam mit dem Bund über 16.000 Endgeräte für Schüler:innen der Sekundarstufe zur Verfügung gestellt. Ab Herbst 2023 werden alle Schüler:innen der AHS Unterstufe sowie der Mittelschule ein eigenes Endgerät haben. Mit den Gemeinden konnten wir abstimmen, dass wir eine zentrale Softwarelizenz besitzen. Auch die Lehrpersonen sind mit Endgeräten ausgestattet worden. Wir sind in diesem Bereich sehr engagiert und es wird auch mit einem digitalen Schulbuch gearbeitet. Dabei handelt es sich um ein lernendes Programm, bei dem ich auch den Wissensstand der Kinder erfahren kann. Wird eine Übung nicht verstanden, gibt es beispielsweise eine entsprechende Wiederholungsschleife. Die Welt hat sich weiterentwickelt, auch wenn ich die eine oder andere kritische Rückmeldung erhalte, dass die Kinder auf diese Weise keine Bücher mehr lesen. Die Bücher werden natürlich weiterhin gelesen. Dennoch werden vermehrt moderne Lehrmethoden eingesetzt. Und ich bin stolz darauf, dass Salzburg das erste Bundesland ist, welches so viele Endgeräte zur Verfügung stellt. 

ECHO: Es bleibt wieder mehr Zeit, sich auf anderes als das Krisenmanagement zu konzentrieren. Was möchten Sie umsetzen?

Gutschi: Aktuell werden überall die Lehrpläne überarbeitet. Besonders erfreulich ist, dass wir das Bundesland sind, welches die MINT-Schwerpunkte (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) am stärksten ausrollt. Bereits über 70 Schulen in Salzburg sind mit dem MINT-Gütesiegel ausgestattet. Und mit Herbst werden wir dann bereits zehn MINT-Mittelschulen haben. Dabei holen wir Kinder ab, die an diesen technischen Fähigkeiten interessiert sind. Wir wollen diesen Fächern den Schrecken nehmen und auch mehr Mädchen dafür begeistern. 

INTERVIEW: Christian Granbacher