Von den Anfängen des Kulturereignisses bis hin zur Etablierung als Weltmarke.
Aus heutiger Sicht könnte man die Salzburger Festspiele als ein visionäres,
hochmodernes Unternehmen sehen

Max Reinhardt und Hugo von Hofmannsthal – klingende Namen, wenn es um die Salzburger Festspiele geht. In deren Gründungsphase spielten Max Reinhardt und Hugo von Hofmannsthal eine führende Rolle. Reinhardt erklärte die ganze Stadt zur Bühne und inszenierte in der imposanten Kulisse des Domplatzes Hofmannsthals heute weltberühmten „Jedermann“. Die Premiere 1920 war die Geburtsstunde der Salzburger Festspiele. Heuer steht das Kulturereignis zu Ehren des 150. Geburtstags Hofmannsthals ganz im Zeichen seines Vermächtnisses. Der „Jedermann“, das Markenzeichen der Salzburger Festspiele, ist bis heute ein Dauerbrenner. Durch etliche Neuinszenierungen weiterentwickelt, ist „das Spiel vom Sterben des reichen Mannes“ auch heute noch topaktuell. Man ist selbst im erzkonservativen Salzburg offen für Neues, aber stets im Ringen darum, ob das Gezeigte dem hohen Qualitätsanspruch Genüge tut. Im Jahr 2024 ist die Besetzung besonders jung. Jedermann Philipp Hochmair, der 21. Jedermann-Darsteller, hat mit Deleila Piasko eine 32-jährige Buhlschaft und der Tod, Dominik Dos-Reis, ist im echten Leben erst 30 Jahre alt.

KARAJAN LOCKTE GÄSTE
In den Nachkriegsjahren begann die Ära Herbert von Karajans bei den Salzburger Festspielen. Mit seiner großen Beliebtheit gelang es ihm, hochkarätige Weltstars und viele namhafte Gäste aus aller Welt in die Mozartstadt zu holen. Zu seinem Festspieldebüt 1948 dirigierte er Glucks „Orpheus“, 1957 führte er bei Beethovens „Fidelio“ Regie. 1956 übernahm er die künstlerische Leitung. 1960 eröffnete er das neue Große Festspielhaus. Herbert von Karajan machte die Salzburger Festspiele zu dem populären, internationalen Klassik-Großereignis, das sie heute sind.
Schon anno dazumal wollte man sich künstlerisch abgrenzen, Salzburg inklusiv, mit drei Achsen, von Schauspiel und Oper bis Konzert, als Besonderheit darstellen. Heute finden die Festspiele in drei Festspielhäusern und auf zahlreichen weiteren schönen Plätzen der Stadt, in Konzertsälen, in Kirchen und auf Bühnen, im Freien und in geschlossenen Räumen statt. Auf der Suche nach der kulturellen Identität Salzburgs wollte man mithilfe der Festspiele nicht nur eine kulturelle Basis schaffen, sondern auch deren Wirtschaftsfaktor für die Landeshauptstadt nutzen. Der Spagat zwischen der Vermittlung von traditionellen, kulturellen Werten und dem Ankurbeln der Wirtschaft ist bis heute geglückt. Die Stadt und ihre Bevölkerung profitieren vom Tourismus, der besonders wegen der Festspiele ein großer Wirtschaftsmotor ist. Die Salzburger Festspiele bringen Arbeitsplätze, Nächtigungen und sind vor allem eins, Werbung für die Mozartstadt.

Für die „Jedermann“-Vorstellung am 23. August 2021 ist Kethleen Morgeneyer als Tod eingesprungen. Den Jedermann spielte Lars Eidinger, der heute noch gerne als DJ ins Rockhouse Salzburg zurückkehrt.

Die Salzburger Festspiele, sie sind einer der wichtigsten Wertschöpfungstreiber der Stadt. Die Salzburger Festspiele waren auch immer schon ein Nährboden für Protest, ermöglichen sie doch den Aktivisten eine große Aufmerksamkeit.


DIE FESTSPIELE ALS UNTERNEHMEN
Aus heutiger Sicht könnte man die Salzburger Festspiele als ein visionäres, hochmodernes Unternehmen sehen, das nach dem Schrecken des Ersten Weltkriegs gezeigt hat, was man mit Idealismus, Kreativität, Standhaftigkeit, Werten und Mut erreichen kann. Dank der Festspiele als Weltmarke zählt Salzburg heute zu den zwanzig wirtschaftsstärksten Regionen in Europa. Zum „Festspiele-Ökosystem“ gehören nicht nur die Musikwirtschaft, der Handel und die Hotellerie, sondern auch Taxiunternehmen, Fremdenführer und Betriebe, die für die Festspiele im Einsatz sind. Festspielwein von österreichischen Winzern, ein Festspiel-Pils aus der Stieglbrauerei, die Salzburger Festspielcuvée Schlumberger Rosé Brut SEKT AUSTRIA aus dem Hause Schlumberger, der Champagner Moët & Chandon Brut Imperial sowie BWT Magnesium Mineralisiertes Wasser sind die diesjährigen Salzburger Festspiele-Editionen, von denen viele profitieren. Die Salzburger Medienlandschaft, die Bildungsbranche und auch der Salzburger Flughafen reihen sich ebenfalls unter die große Gruppe der Festspiele-Nutznießer. In Zahlen und Fakten dargestellt, schaffen die Salzburger Festspiele alljährlich direkt und indirekt eine Wertschöpfung in Salzburg von 183 Millionen Euro und in Österreich von 215 Millionen Euro, wie eine Studie der Wirtschaftskammer Salzburg aus dem Jahr 2015 belegt. Der Wirtschaftsstandort Salzburg profitiert also immens von den Festspielen, sie sind einer der wichtigsten Wertschöpfungstreiber der Stadt.

KULTUR & PROTEST

Dominik Dos-Reis wurde 1993 in Niederösterreich geboren und wuchs in Österreich und Frankreich auf. Er studierte Philosophie sowie Theater-, Film- und Medienwissenschaften an der Universität Wien. Beim diesjährigen „Jedermann“ spielt der 30-Jährige den Tod.

Als Schnittstelle zwischen Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur sind die Salzburger Festspiele neben dem wirtschaftlichen Faktor auch ein nationales Aushängeschild, ein Imageträger, welcher auf internationaler Ebene viel Wirkung hat und das kleine Salzburg global gesehen mit seinem Identitätseffekt in ein ganz besonderes Licht rückt. Die Salzburger Festspiele waren auch immer schon ein Nährboden für Protest, ermöglichen sie doch den Aktivisten eine große Aufmerksamkeit. 1986 fanden parallel zu den Salzburger Festspielen die „Salzburger Protestspiele“ statt. 2022 gab es sogar einen Mann mit Galgen bei einer Demonstration. 2023 nutzten die Klimaaktivisten der Letzten Generation die „Jedermann“-Premiere, um ein Zeichen zu setzen. Vielleicht ein Anstoß für das heurige Motto? Das größte Klassik-festival der Welt wird im Sommer 2024 um das Thema „Bewegungen zwischen Himmel und Hölle“ kreisen, im Zeichen von Revolte und Auflehnung. Zu den Opern-Höhepunkten zählen Prokofjews „Der Spieler“, Mozarts „La Clemenza di Tito“ und Offenbachs „Les Contes d’Hoffmann“. Die Sparte Schauspiel zeigt neben einer Neuinszenierung des „Jedermann“ auch Stücke nach Stefan Zweig, Thomas Mann und Aischylos, Sophokles und Euripides. Die Ouverture Spirituelle beschäftigt sich 2024 unter dem Motto „Et exspecto“ mit tröstender Hoffnung und ungewisser Erwartung. Von 19. Juli bis 31. August werden 172 Aufführungen zu sehen und zu hören sein. Im Vorfeld gibt es das Fest zur Festspieleröffnung als Auftaktveranstaltung mit 76 Programmpunkten in 32 Spielstätten an drei Tagen. Ein vielfältiges Angebot für die Jugend mit dem Namen „jung & jede*r“ rundet das Spektakel ab.

Die Felsenreitschule.

Anna Sophie KOHLBACHER