Industriellenvereinigung Salzburg. Irene Schulte, Geschäftsführerin der IV-Salzburg und Peter Unterkofler Präsident der IV-Salzburg über die aktuellen Herausforderungen und warum es trotz aller Umstände Positives aus der Salzburger Industrie zu berichten gibt.
ECHO: Die Gas-, Heizöl-, Strom- und Spritpreise sind enorm angestiegen. Inwiefern trifft dieser Umstand auch die Industrie hart? Welche Möglichkeiten zur Entlastung gäbe es Ihrer Meinung nach?
Peter Unterkofler: Uns fallen gerade nicht nur die hohen CO2-Zertifikatekosten auf den Kopf, sondern auch, dass über Jahrzehnte heimische Erneuerbare Energiequellen nicht hinreichend ausgebaut wurden. Wir haben zahlreiche energieintensive Unternehmen, deren Energiekostenanteil bis zu 50 Prozent der Betriebsleistung ausmacht.
Um den Betrieben zu helfen, wollen wir einen einheitlichen Strommarkt in Europa und kurzfristig – ähnlich wie beim Covid-Härtefall-Fonds – einen Überbrückungsfonds für besonders stark betroffene Firmen. Überdenken wir Steuern und Abgaben auf Energie und reduzieren insbesondere Erdgas- und Ökostromabgaben! Am wichtigsten und punktgenau wäre aber die Strompreiskompensation nach deutschem und italienischem Vorbild, eine europarechtlich zulässige Beihilfe, um für energieintensive Unternehmen die aufgrund der CO2-Preise gestiegenen Kosten für Strom auszugleichen.
„Zuletzt haben 90 Prozent der Unternehmer ihre aktuelle Auftrags- sowie Geschäftslage mit sehr gut bewertet – ein Wert, den es bis dato noch nie gegeben hat!“ Irene Schulte, Geschäftsführerin IV-Salzburg
ECHO: Mit welchen weiteren Auswirkungen des Russland-Ukraine-Krieges rechnen Sie für die Salzburger Industriebetriebe?
Irene Schulte: Das ist schwer abschätzbar. Denn weder wissen wir, wie lange diese Auseinandersetzung dauern wird, noch ob weitere Sanktionen folgen. Neuestes Problem: Westlichen Unternehmen, die Russland verlassen wollen, droht eine Verstaatlichung ihrer Produktionsstätten. Und hier in Salzburg werden die ohnehin bereits hohen Energiepreise noch weiter befeuert. Das bringt nicht nur energieintensive Unternehmen, sondern alle Firmen – egal, ob sie eine Beziehung zu Russland haben oder nicht – in eine bedrohliche Schieflage.
Darüber hinaus hätte ein Stopp von Gasimporten negative Auswirkung auf die Leistungsfähigkeit der Industriezweige, die Gas für ihre Produktion dringend benötigen. Ja, für uns spielt das Handelsvolumen mit der Ukraine derzeit eine eher untergeordnete Rolle, allerdings gibt es beispielsweise in der Automobil- und Zulieferindustrie große Auswirkungen auf existierende Lieferketten: So kamen bis dato sämtliche Kabelbäume für Elektrofahrzeuge aus der Ukraine.
ECHO: Der Mangel an Fachkräften war schon vor der Coronakrise enorm. Welche Mittel bleiben den Salzburger Industriebetrieben, um Lehrlinge und Fachpersonal zu finden?
Unterkofler: Zunächst müssen wir mehr innerbetriebliche Ausbildung betreiben, Stichwort „Eigenbau“. Es liegt an uns aufzuzeigen, dass eine Facharbeiterausbildung mit Lehrabschluss keine Einbahnstraße ist, beispielsweise über Ausbildungswege mit Matura beziehungsweise weiterführender Meisterausbildung.
Und wir müssen mit der Zeit gehen: Neben individuellen Schnuppermöglichkeiten und der ausgesprochen wichtigen Berufsorientierung in der Schule, ist die Nutzung aller möglichen Social-Media-Kanäle essentiell, um die jüngere Zielgruppe optimal anzusprechen. Auch liegen schon unsere Vorschläge für eine effektivere Rot-Weiß-Rot-Karte auf den Tischen von Landes- und Bundespolitik – denn wir wollen gezielt die benötigten Arbeitskräfte innerhalb und außerhalb der EU ansprechen können.
„Um den Betrieben zu helfen, wollen wir einen einheitlichen Strommarkt in Europa und kurzfristig – ähnlich wie beim Covid-Härtefall-Fonds – einen Überbrückungsfonds für besonders stark betroffene Firmen.“ Peter Unterkofler, Präsident IV-Salzburg
ECHO: Trotz der herausfordernden Zeiten: Gibt es Positives aus der Salzburger Industrielandschaft zu berichten?
Schulte: In der Tat! Einmal im Quartal fragen wir die Konjunkturwerte unserer Industriebetriebe ab. Zuletzt haben 90 Prozent der Unternehmer ihre aktuelle Auftrags- sowie Geschäftslage mit sehr gut bewertet – ein Wert, den es bis dato noch nie gegeben hat! Die Salzburger Industrie hat somit Stabilität auch in stürmischen Pandemiezeiten bewiesen – zumal das positive
Geschäftsklima sogar deutlich über dem Österreich-Schnitt liegt. Vor allem die in Salzburg starke Metall- und
Maschinenbauindustrie ist ein Motor des Aufschwungs. Und so benötigen 60 Prozent der befragten Unternehmen rasch neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dieser Ausblick versprüht Optimismus.
Interview: Christian Granbacher