Dr. Philip Ranft von der Notariatskammer für Salzburg erklärt, weshalb es wichtig ist rechtzeitig Vorsorge zu treffen.

ECHO: Worin liegen die Hauptaufgaben des Salzburger Notariats?
Philip Ranft: Vor allem im städtischen Bereich kennen viele Leute den Tätigkeitsbereich der Notarinnen und Notare so gut wie gar nicht und gehen davon aus, dass unsere Hauptaufgabe in der Beglaubigung der Echtheit von Unterschriften und in der Abwicklung von Verlassenschaften liegt. Diese Bereiche stellen aber in etwa nur etwa 20 Prozent unserer Tätigkeit dar. Der Schwerpunkt der notariellen Rechtsdienstleistungen liegt aber in der Beratung der Menschen bei Immobilientransaktionen, im Unternehmensrecht und im Familienrecht. So ist beispielsweise der Kauf einer Immobilie für viele Menschen ein sehr wichtiger Abschnitt in ihrem Leben. Dabei geht es um viel Geld und ist vor allem Rechtsicherheit gefragt! Die Klienten kommen zunächst zu einem persönlichen Erstgespräch in die Kanzlei. Der Notar/die Notarin erstellt einen Grundbuchsauszug um sich einen Überblick über den Grundbuchsstand und vor allem die darauf haftenden Lasten zu verschaffen. Dann errichtet der Notar/die Notarin einen maßgeschneiderten Kaufvertrag, wobei es seine Aufgabe als neutraler Rechtsberater ist, die Interessen aller Vertragsparteien zu berücksichtigen und eine ausgewogene und faire Urkunde zu erstellen. Dadurch wird ein großer Beitrag zur Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten zwischen den Vertragspartnern geleistet! Aufgrund unserer Erfahrung in diesem Bereich wissen wir, welche Themenbereiche bei der Erstellung von Kaufverträgen für Immobilien zu beachten sind!

ECHO: Wie individuell müssen die entsprechenden Verträge sein?
Ranft: Natürlich haben alle Kaufverträge fixe Bestandteile wie die Beschreibung des Kaufgegenstandes oder die Treuhandrichtlinien. Bei jeder Immobilientransaktion gibt es jedoch darüber hinaus Themenbereiche, die im Vertrag individuell geregelt werden müssen. Ich sehe es daher schon auch als unsere Aufgabe an, die Klienten über den Kaufvorgang hinaus über allfällige Rechtsfolgen vor allem im Familienbereich zu beraten. Erwirbt beispielsweise ein junges unverheiratetes Paar eine Liegenschaft, ist es wichtig darüber nach zu denken was passieren soll, wenn die Partnerschaft endet oder einer der Lebensgefährten verstirbt. Viele Menschen wissen nämlich nicht, dass Lebenspartner weder ein gesetzliches Erbrecht noch Pflichtteilsansprüche besitzen. Das hat oft den unerwünschten Effekt, dass gemeinsame minderjährige Kinder oder andere Verwandte erben. Auch ist es häufig der Fall, dass einer der Partner – beispielsweise von den Eltern – Geldzuwendungen zum Erwerb der Liegenschaft erhält. Dann steht man bei einer Trennung oft vor der Beweisfrage, in welchem Ausmaß diese Beträge geleistet wurden und wie man diese zurückerhält. Ein Partnerschaftsvertrag oder bei Eheleuten ein Ehevertrag kann helfen, teure Rechtstreitigkeiten bei einer Trennung zu vermeiden. Es liegt in der Verantwortung des Notariats solche unangenehmen Punkte anzusprechen. Am Anfang reagieren die Menschen meist etwas irritiert, bevor sie dankbar für diese Denkanstöße sind. Für uns ist wichtig, möglichst alle Eventualitäten zu berücksichtigen und eine streitvermeidende Abwicklung zu gewährleisten.

ECHO: Welche Vorkehrungen gibt es für unerwartete Krankheitsfälle?
Ranft: Hier ist eine Vorsorgevollmacht ratsam. Die Menschen werden immer älter; allerdings schreitet dabei der geistige Verfall oftmals schneller voran als der körperliche. Errichtet man rechtzeitig eine notarielle Vorsorgevollmacht, kann man bei Wegfall der Entscheidungsfähigkeit sowohl die vermögensrechtlichen als auch die medizinischen Belange in die Hand der nahen Angehörigen legen, die dann über die individuellen Bedürfnisse ohne Beiziehung eines Erwachsenenvertreters oder des Gerichtes im Sinne des Betroffenen entscheiden. Auch hier verfügt das Notariat über eine große Erfahrung, wir bieten ein sogenanntes Rundum-Sorglos-Paket. Es ist jedenfalls ratsam Vorsorge zu treffen und nach meiner Erfahrung verlassen unsere Klienten unsere Kanzlei dann erleichtert, da sie diese Themen abhaken können und sich nicht mehr damit beschäftigen müssen.

ECHO: Werden aktuell aufgrund der großen Herausforderungen weniger Immobilienverträge abgeschlossen?
Ranft: Bei vielen Bauträgern herrscht quasi Stillstand, weil die Menschen nur mehr ganz schwer Finanzierungen bekommen. Die Leute verfügen eigentlich meistens über ausreichende finanzielle Mittel, aber die staatlichen Vorgaben wie beispielsweise die sogenannte KIM-Verordnung machen es praktisch unmöglich die strengen Kreditrichtlinien zu erfüllen. Nach wie vor liegt es vielen Menschen am Herzen Eigentum zu schaffen, aber mittlerweile ist auch für relativ gut Situierte eine Mitfinanzierung durch eine Bank unmöglich geworden.

„Mit der Erstellung von Immobilien-Kaufverträgen gehen meist neue Themen hervor. Es tauchen häufig Fragen auf, die im Vorfeld abgeklärt werden sollten.“ Dr. Philip Ranft, Notariatskammer für Salzburg

ECHO: Gibt es auch positive Nachrichten?
Ranft: Mit Ende März wurde die temporäre Befreiung von den Gerichtsgebühren für die Eintragung des Eigentumsrechtes und allfälliger Pfandrechte im Grundbuch bei Erwerb von Wohnraum bis zu einem gewissen Betrag beschlossen. Das wird von den Klienten sehr gerne angenommen. Trotzdem: Ich glaube nicht, dass diese Maßnahme weit genug geht. Man sollte die Hürde einen Kredit zu bekommen doch verringern und dafür wäre beispielsweise eine Änderung in der KIM-Verordnung notwendig. Aus meiner Erfahrung geht sie an der Praxis vorbei.

ECHO: Als neue Rechtsform wurde mit Beginn des Jahres die „Flexible Kapitalgesellschaft“, abgekürzt „FlexKapG“ eingeführt. Sie baut grundsätzlich auf dem GmbH-Gesetz auf und sollte Gründungsvorgänge und Beteiligungen von Mitarbeitern erleichtern. Wie stehen Sie dazu?
Ranft: Die Nachfrage bezüglich der Errichtung einer „Flexiblen Kapitalgesellschaft“ ist meines Wissens – zumindest in Westösterreich – derzeit nicht besonders groß. Vielleicht ist die Situation in Ostösterreich anders. Auch hat sich mittlerweile herausgestellt, dass diese Gesellschaftsform komplexe steuerliche Themen für beteiligte Arbeitnehmer mit sich bringen kann. Weiters fehlt mir – aufgrund des Umstandes, dass nicht alle „tatsächlichen“ Gesellschafter im Firmenbuch einzutragen sind – nach wie vor die im Rechtsverkehr wichtige Transparenz. Dazu kommen noch Themen wie Geldwäscheprävention. Ich denke es wäre daher wesentlich besser gewesen, das GmbH-Gesetz anzupassen, anstatt ein völlig neues Gesetz zu schaffen, das meines Erachtens am Bedarf der Unternehmer vorbeiführt.

Interview: Christian Granbacher