Sieben Frauen aus unterschiedlichen Berufen über Geld, Veranlagung, ungleiche Bezahlung von Mann und Frau, Stereotype und wie wichtig Zusammenhalt und Seilschaften sind.
Die gute Nachricht gleich vorneweg: Die Diversität in Führungspositionen nimmt zu. Frauen sind heute in gut einem Drittel der österreichischen Vorstände vertreten – das ist in doppelt so vielen Gremien wie noch 2018. Generell erkennen Unternehmen mehr und mehr, dass Frauen in leitenden Positionen einen hervorragenden Job leisten. Frauenquoten sollten allein schon deshalb obsolet werden, weil vorausblickende Wirtschafter:innen erkennen müssten, dass Frauen sehr gut führen können und dass geschlechtergemischte Teams ohnehin die besten Arbeitsergebnisse erzielen.
Auch in der Investoren- und Start-up-Szene etablieren sich Frauen immer mehr. Conny Hörl etwa ist erfolgreiche Unternehmerin, die gemeinsam mit ihrem Mann eine Unternehmensgruppe im Bereich Fitness & Wellness aufbaute, zu der unter anderem die Fitnesskette MYGYM mit 19 eigenen Anlagen und 250 Franchisenehmern zählt. Sie gilt als Expertin für einen gesunden und aktiven Lebensstil. In ihrem Buch „IN BALANCE“ gibt sie Tipps, wie man im Leben auch bei hohen Anforderungen die persönliche Balance findet.
„Frauen trauen sich leider häufig nicht, so selbstbewusst aufzutreten. Dabei müssten sie im Sinne der Authentizität lediglich über das berichten, was sie schon zustande gebracht haben. Im Business sind wir Frauen deshalb oft noch im Hintertreffen und haben viel Aufholarbeit.“ Conny Hörl, Unternehmerin
2019 gründete sie gemeinsam mit ihrer Schwester Katja Ruhnke das Unternehmen CK Venture Capital. Beide sind seither als Business Angels tätig und unterstützen Start-ups mit Investments und geben ihre Erfahrung an junge Gründer:innen weiter. „In der Start-up-Szene gibt es viel zu wenige Frauen. Sowohl auf der Gründer:innen- als auch auf Investor:innen-Seite“, sagt Hörl. Wenn sie an die Anfänge ihrer Investorenzeit zurückdenkt, als Frauen sich nach vier oder fünf Investments erstmals trauten, sich selbst als Business Angel zu bezeichnen, fallen ihr schon Unterschiede in der Selbstdarstellung auf. Die Vorstellung der Männer nämlich lautete oft: „Hallo, ich bin ein Business Angel und werde nun bald mein erstes Investment versuchen.“ Im Wirtschafts- und Finanzbereich tun sich Männer offensichtlich leichter, sich in ein gutes Licht zu rücken. „Frauen trauen sich leider häufig nicht, so selbstbewusst aufzutreten. Dabei müssten sie im Sinne der Authentizität lediglich über das berichten, was sie schon zustande gebracht haben. Im Business sind wir Frauen deshalb oft noch im Hintertreffen und haben viel Aufholarbeit“, erklärt Conny Hörl.
Auch die Medien berichten ihrer Erfahrung nach in Zusammenhang mit Frauen gerne über Themen wie Beauty und Mode. Geht es um die Geschäftswelt oder Finanzen, rückt das weibliche Geschlecht bei der Berichterstattung aber meist schon wieder in den Hintergrund.
WISSEN IST MACHT
„Frauen wissen oft nicht genau, was ihnen wirklich zusteht. Mehr Finanzwissen, aber auch mehr Rechtswissen schafft Abhilfe“, sagt Brigitte Maria Gruber, Leiterin der Frauen:Fachakademie Schloss Mondsee. Bei Arbeits- und Eheverträgen, Erbschaften oder auch Vorsorgevollmachten ist Wissen Macht, weshalb Frauen gut beraten sind, sich intensiv damit auseinanderzusetzen, was ihre Pflichten, aber eben auch ihre Rechte sind.
Brigitte Maria Gruber setzt sich seit mehr als 20 Jahren für Frauen und ihr Vorwärtskommen ein. Sie vereint und pusht mit ihrem umfangreichen Netzwerk viele Frauen. „Bei unseren Zusammenkünften geht es nicht um saloppes Proseccotrinken, sondern um tragende Seilschaften. Dass wir Frauen uns gegenseitig nach oben ziehen und uns gegenseitig Türen öffnen, die sonst verschlossen geblieben wären“, sagt Gruber.
„Frauen wissen oft nicht genau, was ihnen zusteht. Mehr Finanzwissen, aber auch mehr Rechtswissen schafft Abhilfe.“ Brigitte Maria Gruber, Frauen:Fachakademie Schloss Mondsee
Die Frauen:Fachakademie Schloss Mondsee hat seit 2005 in unzähligen Lehrgängen, Mentoringprogrammen und Seminaren Frauen zusammengebracht und ermutigt. Der Management-Lehrgang für Frauen mit Potenzial beispielsweise wird im März 2024 wieder starten und bietet eine profunde Möglichkeit, in sich selbst zu investieren. Gerade in dynamischen Zeiten brauchen Frauen Persönlichkeitsentwicklung, Widerstandsfähigkeit und Seilschaften.
IMPULSE
Unter dem Motto #frauen.fortschritt.finanzen erfahren 34 Vorwärtsdenkerinnen im Raum Eferding in Oberösterreich Stärkung. Sechs Impulsabende bieten den Teilnehmerinnen Motivation und geben ihnen Sicherheit, sich verstärkt ihren Geldangelegenheiten zuzuwenden. Inputs zu Persönlichkeit, Vorbildwirkung und Rechtsfragen ergänzen dieses Turbo-Programm. Initiiert hat #frauen.fortschritt.finanzen die Raika Eferding, die Projektleitung liegt bei der Frauen:Fachakademie Schloss Mondsee.
„Wir möchten mit diesem Programm Frauen aus der Region ein Rüstzeug mitgeben, um ihre persönlichen und beruflichen Interessen konsequenter verfolgen zu können“, so Christian Schönhuber, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenbank Region Eferding.
Ganz konkret ermutigt #frauen.fortschritt.finanzen zur finanziellen Vorsorge. Egal ob Aktien, ETFs oder Anleihen, in Zeiten der hohen Inflation ist jedenfalls an Veranlagungen zu denken. „Frauen achten nicht alleine auf den Shareholder Value, sondern sie investieren gerne in sinnvolle und nachhaltige Produkte“, sagt dazu Brigitte Maria Gruber.
AUSTAUSCH IST WICHTIG
Das bestätigt auch Petra Fuchs, Direktorin der Oberbank Salzburg: „Frauen veranlagen bewusster und etwas weniger risikobehaftet als Männer und bei ihren Überlegungen spielt die Nachhaltigkeit eine immer größere Rolle.“ Die Pandemie habe gezeigt, dass jede Krise auch ihre Chance birgt. Viele Frauen hätten während der Lockdowns Ideen weiterentwickelt und dann den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt.
„Da hat die Digitalisierung sicher einen Schub geleistet und bei uns wurden viel mehr Geschäfts- und Firmenkonten von Frauen eröffnet als zuvor“, so die Landesdirektorin der Oberbank Salzburg.
„Frauen veranlagen bewusster und etwas weniger risikobehaftet als Männer und bei ihren Überlegungen spielt die Nachhaltigkeit eine immer größere Rolle.“ Petra Fuchs, Landesdirektorin der Oberbank Salzburg
Unternehmerin Conny Hörl berichtet von positiven Entwicklungen bei den Investments. Vor zwei Jahren waren es sechs bis sieben Prozent Frauen, die in Start-up-Unternehmen investierten, mittlerweile seien es 13 Prozent. „Dennoch, wenn man von den Themen Veranlagung und Aktien spricht, gibt es nur einen kleinen Bruchteil von Frauen, die sich ernsthaft damit beschäftigen“, so Hörl, die gemeinsam mit ihrer Schwester bereits in 16 Start-ups investiert hat.
Um die Hemmschwelle der Frauen gegenüber dem Thema Finanzen abzubauen, veranstaltete CK Venture Capital ein Female Investors Dinner. Am Vorabend zur „salz21“, die sich den Zukunftsthemen der Wirtschaft widmet, luden die Business Angels Conny Hörl und Katja Ruhnke hoch über den Dächern Salzburgs zum Erfahrungsaustausch und ganz viel Networking ins Restaurant Cool Mama im gleichnamigen Hotel. „Wir konnten aufzeigen, wie wichtig der weibliche Part für die Start-up-Szene ist, und viele Frauen waren sehr interessiert. Die weibliche Sicht auf die Produktentwicklung, eine sensible Art zu kommunizieren und das Interesse an einer besseren Zukunft und guten Problemlösungen sind nötig. Denn Frauen investieren gerne in Unternehmen und Produkte, die einen Impact haben und die Welt ein Stück besser machen“, erklärt Conny Hörl. Im Rahmen des Female Investors Dinner, das auch im Zuge der nächsten „salz21“ wieder stattfinden wird, konnten sich die Frauen in vertrautem Rahmen austauschen und sehr viel Neues und Wissenswertes erfahren.
MACHTSTRUKTUREN AUFBRECHEN
„Nicht nur in der Wirtschaft, auch im privaten Bereich sollten Frauen besser über ihre finanziellen Möglichkeiten Bescheid wissen“, sagt Brigitte Maria Gruber. Es gelte, sogenannte „unconscious biases“, also unbeabsichtigte Stereotype, aufzubrechen. „Frauen & Finanzen, das ist die Zukunft, davon bin ich überzeugt. Das Thema trägt eine immense Kraft, Macht und Motivation zum gemeinsamen, wertorientierten Gestalten in sich“, so Gruber. Wenn Frauen sich der eigenen Selbstwirksamkeit stärker bewusst sind, wachsen sie über sich hinaus. Davon profitieren auch die Männer. Mit dem Angebot der Frauen:Fachakademie steht sie seit jeher dafür, dass Frauen und Männer miteinander konstruktiv und wertschätzend auf Augenhöhe zusammenarbeiten.
FAMILIE & KARRIERE
Die promovierte Wirtschaftsrechtlerin und zweifache Mutter Anna Doblhofer-Bachleitner hat drei Studien innerhalb von neun Semestern abgeschlossen. Sie ist seit Jahren für die Betreuung der Salzburger Raiffeisenbanken verantwortlich und leitet den Geschäftsbereich Servicecenter RVS, Raiffeisenbanken und Warenbetriebe. Die 38-jährige Powerfrau steht dafür, dass Familie und Karriere sehr wohl in Einklang zu bringen sind. Der Chefin aller Salzburger Lagerhäuser fällt auf, dass Väter (so auch ihr Mann) mittlerweile viel öfter bereit dazu sind, Aufgaben im Haus sowie bezüglich der Kinderbetreuung zu übernehmen. Dies lässt sich heute leichter unter einen Hut bringen, da mittlerweile viele Berufstätige auch vom Homeoffice aus arbeiten. „In meiner Generation und bei den noch Jüngeren machen viele Paare schon 50:50, was die Kinderbetreuung betrifft“, so Doblhofer-Bachleitner.
Sie setzte sich dafür ein, dass es im Raiffeisenverband Salzburg die Sommerferienbetreuung für Kinder gibt. Im Herbst wird man dort zusätzlich die betriebliche Kinderbetreuung starten. „Es ist mir auch wichtig, Führungspositionen in Teilzeit zu ermöglichen. Kolleginnen sollen sich entwickeln können, auch wenn sie Kinder zu Hause haben“, betont sie. Was die weibliche Führung in den Lagerhäusern betrifft, gebe es allerdings noch sehr viel Luft nach oben. Im Bankenbereich jedoch sei man schon auf einem guten Weg und es gebe mehr und mehr Frauen, die führende Positionen einnähmen.
FRAUEN & FÜHRUNG
„Im Bundesland Salzburg gibt es über 50 Prozent weibliche Studienabsolventinnen. Man darf Frauen, wenn sie Kinder bekommen, nicht das Gefühl geben, sie seien für die Wirtschaft nicht mehr interessant. Man muss Wege finden, diese hochausgebildeten Mitarbeiterinnen für die Unternehmen zu gewinnen“, ist Anna Doblhofer-Bachleitner überzeugt. Sie ist Mitglied im Seebrunner Kreis und dort eine von drei Frauen im zehnköpfigen Vorstand. Im Vorjahr veranstaltete sie diesbezüglich eine Podiumsdiskussion zum Thema „Frauen und Führung“. „Der Seebrunner Kreis ist ein Club der Vordenker. Und Frauen in interessante Positionen zu bringen, ist ein absolutes Vordenker-Thema. Wir erleben aktuell viel Positives und Frauen positionieren sich im Wirtschaftsleben immer besser. Aber wir sind bei Weitem noch nicht am Ende des Weges.“
Immer mehr Unternehmen würden erkennen, dass es sich lohnt, Mütter nach der Karenz rasch wieder in den Beruf zurückzuholen, auch wenn es zu Beginn nur mit fünf oder zehn Wochenstunden sein sollte. Dass Frauen im Berufsleben verankert sind, ist auch in Zusammenhang mit möglicher Altersarmut zu sehen. „Die Frauen erhalten nach wie vor um 41 Prozent weniger Pension als die Männer. Die Scheidungsrate liegt bei 40 Prozent. Das Thema Vorsorge ist somit sehr bedeutend“, so Anna Doblhofer-Bachleitner. Sie ist auch Mit-Initiatorin des Vereins „Wir für Frauen“, der jenen, die aus schwierigen Beziehungen oder Abhängigkeitsverhältnissen kommen, Unterstützung zukommen lässt. Vor zwei Jahren hat sie die Schirmherrschaft für das Safehome der Caritas in der Salzburger Plainstraße übernommen.
SELBSTWERTGEFÜHL STÄRKEN
Engagement und Hilfe für Frauen und die Sorge um Familien und Kinder haben jahrzehntelange Tradition in der Caritas Salzburg. Das Caritas Safehome (ehemals Frauenwohnen) in Salzburg bietet gewaltbetroffenen Frauen – auch mit Kindern – Raum, um ihr Leben neu zu ordnen. In 34 Wohneinheiten finden sie Schutz und Stabilität. Die Bewohnerinnen und ihre Kinder können in ihren eigenen vier Wänden zur Ruhe kommen und werden auf ihrem Weg in ein eigenständiges und geordnetes Leben professionell und individuell begleitet. „Wir helfen den Frauen dabei, ihr Selbstwertgefühl zu stärken, erarbeiten mit ihnen positive Kommunikationsstrategien, unterstützen bei der Eltern-Kind-Beziehung, beraten zur finanziellen Lage und vermitteln rund um die zukünftige Berufs- und Wohnsituation“, sagt Andrea Schmid, stellvertretende Direktorin der Caritas Salzburg. In Hallein ist bereits ein zweites Safehome in Planung. Dabei werden 16 Wohnungen für Frauen aus Stadt und Land Salzburg entstehen. Der Umbau startet voraussichtlich noch 2023, die Eröffnung wird voraussichtlich 2024 stattfinden.
„Wir erleben aktuell viel Positives und Frauen positionieren sich im Wirtschaftsleben immer besser. Aber wir sind bei Weitem noch nicht am Ende des Weges.“ Anna Doblhofer-Bachleitner, Geschäftsleiterin Raiffeisenverband Salzburg
WIR FÜR FRAUEN
Andrea Schmid ist auch Mitglied des Netzwerks „Wir für Frauen“. „Unser Ziel ist es, hier in der Region Frauen in schwierigen Lebenssituationen zu unterstützen, uns für ihre Rechte und Bedürfnisse einzusetzen und ihnen Mut zu machen. In unserem Netzwerk engagieren sich Frauen aus verschiedenen Bereichen wie Wirtschaft, Politik und Kultur, die sich für Caritas-Frauenprojekte und -themen stark machen. Ich bin stolz und freue mich sehr, dass wir dieses Netzwerk auf die Beine gestellt haben und so viel Unterstützung von Salzburgerinnen und Salzburgern erhalten. Denn Frauen sind in unserer Gesellschaft immer noch in verschiedensten Aspekten benachteiligt und sie sind vor allem auch unterschiedlichen Formen von Gewalt ausgesetzt – physisch, psychisch und strukturell“, so Schmid.
Schwierige Lebensverhältnisse, wie geringes Einkommen, eine ungünstige Wohnsituation oder ein erkrankter Elternteil, wirken sich nicht nur auf die Eltern belastend aus, sondern oftmals auch auf die Kinder. Über MOSAIK (Mobile Sozialarbeit im Kindergarten) berät die Caritas Eltern und Kinder direkt in den Kindergärten. „Wir wissen, dass Not oftmals unsichtbar ist. Im Rahmen vertraulicher Gespräche stehen wir Eltern durch Unterstützung bei Fragen zu Förderungen und der Organisation von Betreuungs- und weiteren Hilfsangeboten zur Seite. So können wir frühzeitig drohende Notsituationen erkennen, vermeiden oder erleichtern“, erklärt Schmid. Die Sozialberater:innen haben ein offenes Ohr für die Sorgen der Eltern, begleiten gegebenenfalls auch zu Behördenterminen oder vermitteln weiter an andere Stellen.
Christian Granbacher
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ARMUT GEFÄHRDET
- 72.000 Salzburger:innen (13 Prozent) sind von Armut oder Ausgrenzung gefährdet.
- 22.000 Kinder und Jugendliche bis 14 Jahre sind in Salzburg armuts- oder ausgrenzungsgefährdet.
(Quelle: Statistik Austria, EU-SILC)
Allgemein ist ein deutlicher Anstieg der Beratungen in der Sozialberatung der Caritas spürbar – ganz besonders beim Thema Energie. „Hier haben wir im ersten Halbjahr 2023 bereits etwa gleich viele Menschen beraten wie im gesamten Jahr 2022. Die Verteilung Männer/Frauen ist dabei gleichbleibend, aber es ist grundsätzlich so, dass mehr Frauen zur Beratung kommen“, sagt Andrea Schmid, stellvertretende Direktorin der Caritas Salzburg.
Für Frauen bedeuten gerade Trennungen ein enorm erhöhtes Armutsgefährdungsrisiko. Die Ursache von Wohnungslosigkeit von Frauen sind häufig akute Gewaltsituationen durch den Partner. Das immer noch vorherrschende „Ernährer-Modell“, nach dem der Mann der Hauptverdiener ist und die Frau vorrangig die Haus- und Familienarbeit übernimmt, birgt ein hohes Armuts- und Abhängigkeitsrisiko für Frauen.
Auch längere Karenzzeiten, Teilzeitarbeit beispielsweise wegen Kinder- oder Angehörigenbetreuung und atypische Beschäftigungsverhältnisse ergeben Einkommensverluste und Pensionsversicherungszeiten, die Frauen im Vergleich zu Männern im gleichen Alter nie mehr aufholen können und die sie auch oft in Abhängigkeitsverhältnisse treiben.
„Frauen sind in unserer Gesellschaft immer noch in verschiedensten Aspekten benachteiligt und sie sind vor allem auch unterschiedlichen Formen von Gewalt ausgesetzt – physisch, psychisch und strukturell.“ Andrea Schmid, stellvertretende Direktorin der Caritas Salzburg
Alleinerziehende sind besonders stark armutsgefährdet. Ein-Eltern-Haushalte haben mit einer Quote von 36 Prozent die höchste Armutsgefährdung aller Haushaltstypen – und dies sind in Österreich wiederum vorwiegend alleinerziehende Frauen mit ihren Kindern. Von Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung ist in Österreich sogar fast jeder zweite Ein-Eltern-Haushalt betroffen. Auch Altersarmut ist in Österreich „weiblich“. Die EU-SILC 2021 Zahlen der Statistik Austria belegen das eindrucksvoll. Während die allgemeine Armutsgefährdung bei 14,7 Prozent lag, waren Frauen über 65 Jahren mit 18 Prozent deutlich überdurchschnittlich betroffen. Die Armutsgefährdungsquote bei Männern in der Altersgruppe 65+ war mit elf Prozent deutlich geringer. Noch dramatischer ist die Armutsgefährdung bei alleinstehenden Frauen mit Pension. Hier liegt die Quote bei 26 Prozent. 87.000 Frauen sind hiervon betroffen.
„Es benötigt gute Frauenpolitik. Frauen brauchen ein existenzsicherndes Einkommen und eine ausreichende Pension, um nicht in Armut und Abhängigkeitsverhältnissen verharren zu müssen“, so der Apell von Andrea Schmid.
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„Wichtig ist, das Thema Pensionsvorsorge frühzeitig anzugehen“
Brigitte Feldhofer ist Mitglied des Vorstands der Wüstenrot Versicherungs-AG. Mit ECHO sprach sie über die Zinswende, wie wichtig Pensionsvorsorge für Frauen ist und den Gender Pay Gap.
ECHO: Es gibt das Klischee, in einer Familie kümmert sich der Mann um die Finanzen. Trifft dieses Klischee Ihrer Erfahrung nach zu oder sind es doch eher die Frauen, die sich um finanzielle Belange kümmern?
Brigitte Feldhofer: Im Idealfall kümmern sich beide um die Finanzen, vor allem wenn es um große Investitionen oder Anschaffungen geht, wie zum Beispiel um ein Wohnbaudarlehen. Das ist eine sehr langfristige Entscheidung und wenn die ganze Familie dahintersteht, ist das sicher kein Nachteil.
ECHO: Die Inflation ist immer noch hoch. Veranlagung wird immer bedeutender. Welche Tipps können Sie geben, um gut zu veranlagen?
Feldhofer: Die Zinswende hat für Sparerinnen und Sparer eine wichtige Trendwende gebracht. Sparen lohnt sich wieder. Wer kleinere Beträge zur Verfügung hat, ist mit einem Bausparvertrag immer gut beraten. Auch das Sparbuch ist wieder interessant. Die Wüstenrot Bank bietet attraktive Konditionen und Produkte. Wer sich für Aktien, Wertpapiere oder Fonds interessiert, sollte sich auf jeden Fall gut beraten lassen und die Veranlagung entsprechend der individuellen Anlageziele und Risikopräferenzen wählen.
ECHO: Frauen können oft weniger vorsorgen als Männer. Sie sind auch eher von Altersarmut betroffen. Welche Möglichkeiten haben Frauen diesbezüglich dennoch?
Feldhofer: Wichtig ist, das Thema Pensionsvorsorge frühzeitig anzugehen und rechtzeitig mit der Vorsorge zu beginnen. Entsprechend der Risikoneigung kann dann die geeignete Vorsorge abgeleitet werden. Eine Lebensversicherung beispielsweise trägt zur Schließung der Pensionslücke bei und deckt auch das Thema Langlebigkeit ab.
ECHO: Wie kommt es dazu, dass Frauen generell weniger im Geldbörserl haben?
Feldhofer: Dieses Thema liegt mir sehr am Herzen, weil es vielschichtig ist und man an mehreren Punkten ansetzen müsste. Zuerst bei der Frage, warum Frauen für gleiche und gleichwertige Arbeit deutlich weniger verdienen als Männer? In Österreich ist der Gender Pay Gap sehr hoch. Ein weiterer Punkt ist das Thema Teilzeit. Viele Frauen kümmern sich um die Kinder und arbeiten daher nicht in Vollzeit. Wer aber rechnet ihnen vor, was das für ihr Pensionskonto heißt? Ich bin mir sicher, dass mehr Transparenz und Information viele Frauen besser vor der Altersarmut bewahren würde, denn die allermeisten Frauen sind sehr geschickt und erfolgreich, wenn es um die Finanzen und die Vorsorge geht.
INTERVIEW: Christian Granbacher
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„Es ist für Frauen wichtig, etwas zu bewegen“
Veronika Kirchmair. Sie ist Gastgeberin im St. Peter Stiftskulinarium und sprach mit ECHO über die männerorientierte Gastronomie, dass Kreativität Zeit und Muße braucht und warum es wichtig ist, sich ständig neue Ziele zu setzen.
ECHO: Wissenschaftliche Studien belegen, dass geschlechtergemischte Teams in der Wirtschaft eine besonders hohe Motivation und damit mehr Erfolg als geschlechterhomogene Teams haben. Hauptsächlich weil sich Synergieeffekte aus den unterschiedlichen Sicht- und Arbeitsweisen von Mann und Frau ergeben. Etwas, was Sie bezüglich Ihrer Zusammenarbeit mit Claus Haslauer bestätigen können?
Vereonika Kirchmair: Ich bin zu 100 Prozent davon überzeugt, dass Frauen anders führen als Männer. Denn sie sorgen mit ihrer emotionalen Art dafür, dass jeder das Beste aus sich herausholt. Im St. Peter Stiftskulinarium teilen sich mein Mann und ich die Führungsaufgaben. Ich kümmere mich um die Markenphilosophie und das Interieur, während mein Mann das gesamte operative Geschäft im Hintergrund leitet. Es ist wichtig, dass Frauen in Führungspositionen präsent sind, um eine ausgeglichene Dynamik zu schaffen. Leider sind diese Positionen immer noch oft männerorientiert, besonders in der Gastronomie. Letztlich gilt: Erfolg kommt automatisch, wenn jeder das tut, was er liebt.
ECHO: In dieser ECHO-Ausgabe ist auch ein Interview mit der Star-Köchin Cornelia Poletto zu finden. Sie bemängelt, dass Koch während der letzten Jahrzehnte bis heute ein männerdominierter Beruf ist. Was denken Sie, wäre nötig, damit auch mehr Frauen zu anerkannten Spitzenköchinnen würden?
Kirchmair: Der sensiblere Geschmack von Frauen ist hervorragend geeignet für die Gastronomie, aber der Beruf erfordert unheimlich viel Zeitinvestition. Der Lebensstil, der damit einhergeht, bedeutet, dass man 18 Stunden am Tag arbeitet. Nicht jede Frau kann diese Belastung allein tragen. Dazu braucht es Unterstützung und Hilfe von anderen. Wenn junge Frauen in die Küche eintreten, bringen sie Empathie, soziale Fähigkeiten und Feingefühl mit. Aber was passiert, wenn sie eine Familie gründen? Oft bedeutet das das Ende vielversprechender Karrieren. Gutes Zeitmanagement ist essenziell. Da erkenne ich eine Tendenz. Heutzutage sind viele gehobene Gastronomiebetriebe flexibler. Das schafft den Frauen die nötige Luft, um ein Leben neben dem Beruf zu haben. Es ist für Frauen wichtig, die Möglichkeit zu haben, etwas zu bewegen. Ich selbst bringe den Aspekt des Schönsinns in meine Arbeit ein und kann damit Emotionen in anderen wecken.
„Es ist wichtig, dass Frauen in Führungspositionen präsent sind, um eine ausgeglichene Dynamik zu schaffen.“ Veronika Kirchmair, Geschäftsführerin St. Peter Stiftskulinarium
ECHO: Welche Beobachtungen können Sie bei Ihren Gästen machen? Sind es stets die Männer, die die Rechnung übernehmen oder sind es mittlerweile auch mehr Frauen?
Kirchmair: Über meine Laufbahn in der Gastronomie habe ich gemerkt, dass sich hier viel gewandelt hat. Heute zahlt auch die Frau ganz selbstverständlich die Rechnung für sich und ihre männliche Begleitung. Auch haben wir – im Gegensatz zu früher – sehr viele weibliche Gäste, die mit ihren Freundinnen für einen Cocktail und ein Abendessen vorbeikommen.
ECHO: Sie führen das St. Peter Stiftskulinarium gemeinsam mit Claus Haslauer. Wie schaffen Sie es, das älteste Restaurant Europas stets am Puls der Zeit zu leiten und permanent in die Gegenwart zu führen?
Kirchmair: Ich habe einen aufmerksamen Geist und nehme stets mit offenen Augen und einer Neugierde für Impulse aus aller Welt meine Umgebung wahr. Meine Kreativität wird von Inspirationen aus unterschiedlichen Ländern genährt. Dabei kann es allerdings eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen, bis der Funke der Inspiration überspringt. Kreativität braucht Zeit und Muße. Stets neue Impulse und subtile Veränderungen zu schaffen, ist nicht nur für mich selbst von Bedeutung, sondern für unser gesamtes Team. Wir möchten Stillstand vermeiden und als Vorreiter immer einen Schritt voraus sein. Dabei stellen wir uns immer die Frage: Was möchten wir zeigen und mitteilen? Für mich sind meine schnelle Umsetzung und meine Spontanität charakteristisch. Ich fordere nicht nur heraus, sondern möchte auch selbst immer wieder herausgefordert werden. Ohne Herausforderungen würden Langeweile und Trägheit Einzug halten – in allen Bereichen. Deswegen hinterfrage ich Entscheidungen häufig und bleibe wachsam. Das stetige Setzen neuer Ziele ist ein wichtiger Bestandteil meines Charakters. Denn das Streben nach Neuem und die ständige Weiterentwicklung sind Prozesse, die niemals enden.
INTERVIEW: Christian Granbacher