Philipp Hochmair. Der österreichische Ausnahme-Schauspieler im ECHO-Interview.

Was er spielt, gerät zum Extremsport, ob beim Salzburger „Jedermann“ im Sommer oder als blinder Detektiv im Fernsehen. Der gebürtige Wiener Philipp Hochmair studierte von 1993 bis 1997 unter anderem bei Klaus Maria Brandauer Schauspiel am Max Reinhardt Seminar in der österreichischen Hauptstadt sowie in Paris. Hochmair wurde im April 2023 mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet und spricht vier Sprachen – neben Deutsch und Englisch sowohl Französisch als auch Spanisch. Am 20. Juli hat Robert Carsens „Jedermann“-Neuinszenierung bei den Salzburger Festspielen Premiere. Seit 3. Juni wird geprobt. „Er wird nicht historisch angelegt sein, sondern heutig“, versicherte Hochmair gegenüber den Salzburger Nachrichten.

„Salzburg ist wunderschön und beruhigt Auge und Gehirn.“  Philipp Hochmair

MIT ECHO SPRACH ER ÜBER HERAUSFORDERNDE PROBEN, DAS WOHLFÜHLEN IN SALZBURG UND DIE VERNUNFT:
ECHO: Sie sprangen 2018 für Tobias Moretti als „Jedermann“ in Salzburg ein und hatten lediglich einen Tag zur Vorbereitung. Werden Sie die Rolle diesmal anders anlegen, da Sie nun wesentlich länger proben können?
Philipp Hochmair: Die Situation im Sommer 2018 war eine Art „Mayday“-Sachlage. Durch den plötzlichen Ausfall von Tobias Moretti mussten alle Beteiligten – inklusive mir selbst – sehr spontan und sehr gut funktionieren, ohne sich wirklich aufeinander einlassen zu können. Aber funktionieren kann ich, und das war das Glück in der damaligen Situation. Jetzt ist es völlig anders. Ich bin in die Arbeit von Robert Carsen eingebunden und erfülle seine Vision, wie er meine Rolle im Zusammenhang mit dem ganzen Ensemble angelegt hat. Das ist ein sehr spannender und wirklich herausfordernder Prozess.

ECHO: Sie sprechen vier Sprachen und leben in Berlin. Erleben Sie Salzburg eher als Provinz oder als eine Stadt, die vieles bieten kann?
Hochmair: Ich lebe in Berlin, Hamburg und Wien, weil ich aus beruflichen Gründen häufig an große Städte gebunden bin. Aber ich persönlich habe keinerlei Präferenzen von „Großstadt“ gegenüber der sogenannten „Provinz“ – wichtig ist, wo man sich wohlfühlt, wo das Herz ist, wo man eine Aufgabe hat, wo man sich erden kann. Das kann ich in Salzburg vielleicht sogar besser als in Berlin. Die Stadt ist wunderschön und beruhigt Auge und Gehirn, es gibt viel Wasser zum Baden, überall ist Kultur. Wie soll man sich hier nicht wohlfühlen?

ECHO: Als Vocalist der Band Die Elektrohand Gottes betreiben Sie neben der Schauspielerei auch Musik. Welche dieser beiden Kunstformen ist Ihnen persönlich näher?
Hochmair: Ich bin kein Musiker. Ich bin Schauspieler mit jeder Faser meines Herzens, jeder Faser meines Körpers. Meine Band unterstützt mich in meinem Beruf als Schauspieler, ich brauche sie, um meine Kunst zu erweitern und meinen Projekten und Darstellungen zusätzliche Emotionen und Facetten zu verleihen.

„Jedermann“-Regisseur Robert Carsen, Deleila Piasko (Buhlschaft) und Philipp Hochmair (Jedermann).

ECHO: Was ist das Schöne am Exzess?
Hochmair: Das Sich-völlig-verlieren-Können. Exzess ist ultimative Hingabe.

ECHO: In welchen Lebensbereichen ist Philipp Hochmair sehr vernünftig?
Hochmair: Ich weiß gar nicht, ob ich überhaupt jemals „vernünftig“ bin – oder sein will. Ich bin extrem fokussiert und „vernünftig“, wenn man so will, wenn es um meinen Beruf geht. Ich gehe „vernünftig“ mit meinem Körper um, ich verzichte sehr vernünftig auf Exzesse während der Vorbereitungen, ich nehme sehr „vernünftig“ Hilfe an, wenn mich das entlasten kann. Ohne diesen Fokus, wenn ich also nicht arbeite, neige ich eher zur Unvernunft.

„Ich bin kein Musiker. Ich bin Schauspieler mit jeder Faser meines Herzens, jeder Faser meines Körpers.“    Philipp Hochmair

INTERVIEW: Christian GRANBACHER