„CO2 max“ heißt das neue Forschungsprojekt, das von der Salzburg Wohnbau kürzlich gemeinsam mit Deisl-Beton (Hallein), dem Kies- und Recycling-Werk Ehrensberger (Tenneck) sowie der Bautechnischen Versuchs- und Forschungsanstalt Salzburg (bvfs) gestartet wurde.

Bei diesem Forschungsprojekt wird CO2 aus betrieblich anfallenden Gasen aufgespaltet (Bioethanolanlagen) und dauerhaft in Recyclingbeton gespeichert. Gleichzeitig werden dadurch die Neuemissionen bei der Betonproduktion durch

Zementeinsparungen reduziert.

„Damit gelingt es, die Klimabilanz von Frischbeton um rund zehn Prozent zu verbessern. Erstmals wird diese Technologie, mit der Kohlendioxid in Recyclingbeton dauerhaft eingelagert wird, hier in Österreich angewendet“, erklärte Roland Wernik, CEO der Salzburg Wohnbau, bei einem Pressegespräch am Gelände von Deisl/Ehrensberger in Tenneck. Dort hat eine mobile

Anlage vom Schweizer Greentech-Start-up Neustark, einem Spin-off der ETH Zürich (Eidgenössische Technische Hochschule Zürich), den Pilotbetrieb aufgenommen. 

„Das Projekt ist wirklich bahnbrechend für die Baubranche. Denn die Produktion von Beton ist für etwa sieben Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich. Das ist mehr, als der internationale Flugverkehr verursacht. Deshalb ist es höchste Zeit, hier einen klimafreundlichen Wandel einzuleiten“, so Roland Wernik. Clemens Deisl, CEO von Deisl-Beton, ergänzt: „Mithilfe dieser neuen und innovativen Technologie gelingt es, Recyclingbeton gezielt zu optimieren und dessen CO2-Bilanz deutlich zu verbessern. Ein wichtiger Meilenstein in Richtung Klimaziele, der über ein ressourcenschonendes Bauen hinausgeht und in Zukunft integraler Bestandteil der Kreislaufwirtschaft sein wird.“

DIE TECHNOLOGIE DAHINTER

Christian Ehrensberger vom Kies- und Recycling-Werk Ehrensberger erklärt das Verfahren genauer: „Zunächst wird Betonabbruch zu Betongranulat zerkleinert und anschließend mit CO2 versetzt. Der Beton bindet das Kohlendioxid in den feinen Poren seiner Substanzoberfläche. Das veredelte Betongranulat wird der Produktionskette für frischen Beton zugeführt und ersetzt dort Sand und Kies. Das veredelte Granulat weist außerdem Eigenschaften auf, die laut den Neustark-Forschungsergebnissen bei der Betonproduktion weniger Zement und damit weniger CO2-Emissionen notwendig machen. So entsteht ein Beton, der teilweise aus Recyclingmaterial gewonnen wird, CO2 gebunden hat und zudem Emissionen reduziert.“ 

„Um im Klimaschutz die nötige Skalierung zu erreichen, müssen neue Technologien mit attraktiven, heute schon validen Geschäftsmodellen kombiniert werden. Oder anders gesagt: Klimaschutz muss ein Geschäftszweig sein. Wobei mit generiertem Klimanutzen Geld verdient wird. Zusammen mit Deisl-Beton, dem Kies- und Recycling-Werk Ehrensberger sowie der Salzburg Wohnbau führen wir die Neustark-Klimatechnologie in Österreich ein und bieten damit Betonproduzenten sowie Bauherren unmittelbar eine attraktive Möglichkeit, Klimaschutz Teil ihres Geschäftsmodells zu machen“, betont Johannes Tiefenthaler, Co-CEO der Neustark AG mit Sitz in Bern (CH).

„Es entsteht ein Beton, der teilweise aus Recyclingmaterial gewonnen wird, CO2 gebunden hat und zudem Emissionen reduziert.“ Christian Ehrensberger, Kies- und Recycling-Werk Ehrensberger

SALZBURG WOHNBAU STEIGT IN HANDEL MIT CO2-ZERTIFIKATEN EIN 

Pro Tag sollen in Tenneck in Zukunft 100 bis 120 Tonnen Recyclingbeton mit CO2 angereichert werden. Das dafür benötigte Kohlendioxid wird von der Bioethanolanlage in Tulln (NÖ) angeliefert und für den Transport verflüssigt. Aktuell können rund zehn Kilogramm CO2 in einem Kubikmeter Beton gebunden werden. Dieser Wert soll allerdings aufgrund der laufenden Entwicklungsarbeit von Neustark in nächster Zeit vervielfacht werden. „Wir rechnen damit, zirka 1.000 Tonnen CO2 binden zu können. Das macht das Ganze auch interessant für den Handel von CO2-Zertifikaten und zeigt, dass negative Emissionen nicht nur Kosten, sondern sogar einen wirtschaftlichen Erfolg bringen können“, erläutert Roland Wernik. So wird die Salzburg Wohnbau bei der neuen Wohnanlage DreiGanG, die in Golling errichtet wird, durch die Verwendung des CO2-angereicherten Recyclingbetons erstmals in den CO2-Zertifikathandel einsteigen und die Erträge daraus den Errichtungskosten gutschreiben. Die Neustark-Anlage wird vorerst rund acht bis zwölf Tage in Betrieb sein. „Wenn die Versuche erfolgreich sind, wird sich diese Technologie auch in Österreich durchsetzen“, so Wernik. 

ERSTER EINSATZ IN GOLLING

Für Wernik ist „CO2 max“ die logische Ergänzung zum Forschungsprojekt „CICO“ (Circular Concrete), das sich um die Gewinnung von wertvollen Rohstoffen aus Abbruchmaterial dreht und vier Projekte in drei Jahren umfasst. Von der Salzburg Wohnbau initiiert, wurde 2021 das Leadmanagement für „CICO“ an die Bautechnische Versuchs- und Forschungsanstalt Salzburg (BVFS) übergeben. Mit im Forschungsboot sind die Universität Salzburg, die Fachhochschule Salzburg, Deisl-Beton (Hallein) und die Baufirma Steiner (Radstadt). Aktuell wird mittels BIM (Building Information Modelling) und einer besonderen Digitalisierungstechnologie kombiniert mit einer weiterentwickelten Schad- und Störstoffanalyse Projekt Nummer drei, der Rückbau des alten Seniorenwohnheims in Golling, durchgeführt. Das gewonnene Abbruchmaterial wird dort für den Neubau der Wohnanlage DreiGanG mit 36 Eigentums-, Mietkauf- und Mietwohnungen fragmentiert und aufbereitet. Und genau bei diesem Projekt kommt auch der erste CO2-angereicherte Recyclingbeton in Österreich im Umfang von rund 1.000 Tonnen zum Einsatz. Weiteres angereichertes Material soll bei künftigen kommunalen Bauprojekten verwendet werden.

„Wissenschaft und Forschung bilden die Grundlagen für Fortschritt, Innovation und Entwicklung unseres Landes.“ Wilfried Haslauer, Landeshauptmann Salzburg

UNTERSTÜTZUNG VON LAND SALZBURG UND INNOVATION SALZBURG

Gefördert wird das Forschungsprojekt auch vom Land Salzburg und der Innovation Salzburg GmbH. „Wissenschaft und Forschung bilden die Grundlagen für Fortschritt, Innovation und Entwicklung unseres Landes. Forschungsprojekte wie ‚CO2 max‘ belegen eindrucksvoll, wie innovativ und zukunftsweisend Salzburgs Unternehmen sind. Der ressourcenschonende Umgang in Verbindung mit wissenschaftlicher Weiterentwicklung notwendiger Verfahren sind dabei starke Triebfedern zur Unterstützung solcher Projekte. Es freut mich daher, dass wir vom Land Salzburg dieses Forschungsprojekt auch finanziell unterstützen“, so Landeshauptmann Wilfried Haslauer.