Die wirtschaftliche Lage ist durchwachsen. Dennoch rechnet man heuer mit mehr als fünf Prozent Wirtschaftswachstum. Die Industrie in Salzburg präsentiert sich stark, während Gastronomie und Handel großen Aufholbedarf sehen. Die voraussichtlichen Lockerungen der Corona-Maßnahmen könnten hier helfen.
Laut Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) sollte es im Jahr 2022 mehr als fünf Prozent Wirtschaftswachstum geben. Voraussetzung dafür ist, dass die Corona-Pandemie als größtes Abwärtsrisiko nicht wieder hemmend wirkt. Ganz aktuell gehen zumindest die Hospitalisierungen von Covid-Patienten leicht zurück und auch die Situation auf den Intensivstationen ist seit mehreren Wochen stabil. Die Bundesregierung kündigte bereits Lockerungen der Maßnahmen an, was vor allem den Konsum und den Tourismus wieder ankurbeln wird. Was auch bitter nötig ist. Die Bereiche Beherbergung, Gastronomie und Handel wurden in den letzten zwei Jahren wirtschaftlich hart von der Pandemie getroffen. An sich sollten jene drei Bereiche laut Wifo aber 2022 kräftig wachsen.
DIE SITUATION IN SALZBURG
Die heimischen Industrieunternehmen verzeichnen laut der aktuellen Umfrage der Industriellenvereinigung Salzburg die beste Geschäftslage der letzten 20 Jahre und das während der Corona-Pandemie. Das Vorjahr war zudem bei vielen Betrieben ein absolutes Rekordjahr. „Die Industrie ist von großer Bedeutung für Salzburg und in einer sehr guten Lage. Tourismus, Gastronomie und Handel geht es derzeit nicht so gut. Allen gemeinsam ist aber der Arbeitskräftemangel, der sich in den kommenden Monaten bei anziehender Konjunktur und aufgrund geburtenschwacher Jahrgänge noch verschärfen könnte“, betont Landeshauptmann Wilfried Haslauer.
90 Prozent der 21 von der Industriellenvereinigung (IV) am Ende des Vorjahres befragten Salzburger Industrieunternehmen berichten von einer „sehr guten“ aktuellen Geschäftslage und einem „sehr guten“ Auftragsbestand. „Das sind die besten Werte für Salzburg seit 20 Jahren, der Spitzenwert aller Bundesländer und deutlich über dem Österreich-Durchschnitt. Unternehmen und Führungskräfte arbeiten intensiv, um die Kapazitäten trotz Lieferengpässen, Preissteigerungen bei Energie und Rohstoffen sowie bei dem eklatanten Fachkräftemangel herzustellen“, sagt Peter Unterkofler, Präsident der IV-Salzburg.
WIRTSCHAFTSLAGE DURCHWACHSEN
„Die Industrie ist von großer Bedeutung für Salzburg und in einer sehr guten Lage. Anderen Branchen geht es derzeit noch nicht so gut. Die Hotellerie hatte nur 30 Prozent Auslastung im Jänner, die Stadthotellerie nur 15. Auch im Handel lagen die Umsätze im Jänner bei etwa nur 30 Prozent im Vergleich zum letzten Jahr vor der Pandemie. Es ist deshalb höchst an der Zeit, dass es zu Öffnungen kommt. Die Prognosen sind gut, dass die Infektionszahlen wieder abnehmen“, so Landeshauptmann Wilfried Haslauer.
Die heimischen Industrieunternehmen verzeichnen laut der aktuellen Umfrage der Industriellenvereinigung Salzburg die beste Geschäftslage der letzten 20 Jahre und das während der Corona- Pandemie.
STABILITÄT IN STÜRMISCHEN ZEITEN
Die Industrie in Salzburg hat ihre Stabilität auch in stürmischen Pandemiezeiten bewiesen. „Für diese zuverlässige Stütze des wirtschaftlichen Aufschwungs sind unsere Unternehmen und Führungskräfte unglaublich gefordert, um die Kapazitäten trotz Lieferengpässen, Preissteigerungen und eklatantem Fachkräftemangel herzustellen und die Aufträge abzuarbeiten“, schildert Präsident Unterkofler die aufreibende Lage in den Salzburger Unternehmen. Angesichts dieser Fülle an Herausforderungen ist es umso wichtiger, Stabilität zu gewährleisten sowie die Qualität des Standorts weiter zu verbessern. So begrüßt die IV die Einrichtung der neuen Fakultät für Digitale und Analytische Wissenschaften, wünscht sich aber auch mehr IT-Ausbildung in den Schulen. Ebenso sind Maßnahmen sowohl zur Eindämmung der aktuellen Kostenexplosion bei Strom und Gas als auch zur Erhöhung der wirtschaftlichen Resilienz ein Gebot der Stunde.
LEHRLINGSOFFENSIVE GEGEN FACHKRÄFTEMANGEL
Allen Branchen in Salzburg gemeinsam ist derzeit der Bremsfaktor Nummer eins bei der weiteren Entwicklung, der Arbeitskräftemangel. „Wir haben allein bei den Lehrberufen einen Zuwachs an offenen Stellen um über 20 Prozent. Konkrete Abhilfe bieten wir in Salzburg unter anderem mit einer gezielten Lehrlingsoffensive. Sie zeigt sich bereits in der Orientierungsphase für junge Menschen auf der Suche nach einer geeigneten Karriere, setzt sich durch hochwertige Ausbildung, zeitgemäße Berufsbilder und anschauliche Praxis fort und wird durch die Möglichkeit der dualen Ausbildung auch für Maturanten sinnvoll ergänzt. Indem wir wieder mehr junge Menschen für einen Lehrberuf begeistern, sichern wir den Fortbestand unserer Betriebe langfristig“, so Landeshauptmann Haslauer.
„Neben der Corona-Pandemie und der Rohstoffknappheit sind wir mit einem Fachkräftemangel konfrontiert, weswegen die Attraktivität der Lehrberufe in der gesellschaftlichen Wahrnehmung weiter gesteigert werden muss.“ Alexandra Bichlmayer, Geschäftsführerin Bosch Industriekessel Austria GmbH, Bischofshofen
INDUSTRIE ALS MOTOR
„Betrachtet man die einzelnen Branchen, so ist die in Salzburg starke Metall- und Maschinenbauindustrie der Motor des Aufschwungs. Jene Branchen, die stark vom Tourismus und Gastronomie abhängen, sind corona-bedingt von Umsatzeinbußen betroffen. Die Lieferschwierigkeiten elektronischer Teile machen sich unter anderem in der Fahrzeugzulieferindustrie bemerkbar. In den nächsten drei Monaten benötigen 60 Prozent der befragten Unternehmen neue Mitarbeiter, die anderen werden ihren aktuellen Beschäftigungsstand halten. Aus dem Fachkräftemangel ist ein Arbeitskräftemangel geworden. Offene Stellen sind immer schwieriger zu besetzen“, fasst der Präsident der IV-Salzburg, Peter Unterkofler, zusammen. „Die Hochkonjunktur der Industrie ist nicht nur Segen. Die Auftragslage und die Ertragslage in sechs Monaten zeigen, dass massiv gestiegene Rohstoffpreise nicht immer an die Kunden weitergegeben werden können und die Ertragslage dadurch etwas schwächer eingeschätzt wird.“
KARRIERE MIT LEHRE
In den beiden Salzburger Bosch-Werken weiß man, welch enormer Aufwand es für alle Beteiligten ist, die Ablieferung vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen sicherzustellen. „Neben der Corona-Pandemie und der Rohstoffknappheit sind wir mit einem Fachkräftemangel konfrontiert, weswegen die Attraktivität der Lehrberufe in der gesellschaftlichen Wahrnehmung weiter gesteigert werden muss“, so Alexandra Bichlmayer, Geschäftsführerin Bosch Industriekessel Austria GmbH, Bischofshofen. Darüber hinaus beschäftigt das Unternehmen die zunehmende Inflation, die zu starken Lohnkostensteigerungen führt. Bosch will jedenfalls aktiv mitgestalten, um den Standort Salzburg auch weiterhin wettbewerbsfähig und attraktiv zu halten, um zukünftiges Wachstum in der Region zu ermöglichen.
HÖCHSTER AUFTRAGSBESTAND IN DER FIRMENGESCHICHTE
Im Liebherr-Werk Bischofshofen markiert der aktuelle Auftragsbestand einen Höchststand in der Firmengeschichte und könnte damit 2022 zu einem neuerlichen Rekordjahr werden lassen. „Unsere größte Herausforderung ist es derzeit, alle Bauteile für die Radladerproduktion rechtzeitig und in ausreichender Menge zu erhalten“, so Geschäftsführer Manfred Santner. Denn durch Rohstoff-, Kapazitäts- und oftmals covid-bedingte Versorgungsengpässe werden sowohl nationale als auch internationale Zulieferketten häufig ungeplant gestört.
LOCKDOWN KOSTET 144 MILLIONEN EURO
Christian Helmenstein, Chefökonom der Industriellenvereinigung, errechnete, dass drei Wochen Lockdown Ende des Vorjahres Salzburg 0,5 Prozent des Bruttoregionalprodukts oder 143,9 Millionen Euro kosteten. Salzburg ist nach Tirol am zweitstärksten betroffen. „Das kommt auch daher, dass in Salzburg der Tourismus sehr stark ist. Umso wichtiger ist es, dass die Industrie hier für rund ein Viertel der Wertschöpfung sorgt“, so Peter Unterkofler.
Christian Granbacher